Ulrike Meinhof zählt zu den bekanntesten und zugleich umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Als ehemalige Journalistin und Mitbegründerin der Rote Armee Fraktion (RAF) polarisiert sie bis heute Politik, Öffentlichkeit und Kultur. Dieses Porträt beleuchtet Schlüsselmomente ihres Lebens, analysiert ihre Motive und diskutiert ihr nachhaltiges Vermächtnis.
Ulrike Meinhof begann ihre Karriere als engagierte Journalistin der Zeitschrift "konkret". In den 1960er-Jahren griff sie Themen wie soziale Ungerechtigkeit, Militarismus und politische Unterdrückung auf. Ihre Artikel prangerten nicht nur Missstände an, sondern riefen oft zu gesellschaftlicher Veränderung auf.
Doch mit den Studentenprotesten und der Radikalisierung der Linken in Deutschland suchte Meinhof ab 1970 neue Wege, politisch wirksam zu sein. Gemeinsam mit Andreas Baader, Gudrun Ensslin und anderen gründete sie die RAF. Ziel war der bewaffnete Widerstand gegen das, was sie als „Unterdrückungsapparat“ der Bundesrepublik empfand. Bereits die ersten Aktionen erschütterten die politische Landschaft der 1970er-Jahre. Wie die taz in einer ausführlichen Rezension zum Film "Stammheim – Zeit des Terrors" beschreibt, war besonders das Leben und das Agieren der RAF-Spitze, inklusive Ulrike Meinhof, prägend für die Eskalation zwischen Staat und Untergrund.
Die Verhaftung von Ulrike Meinhof 1972 führte zur Inhaftierung der gesamten Führungsriege der RAF und mündete im berüchtigten Prozess in Stuttgart-Stammheim. In diesem "Kammerspiel" zwischen Verteidigung und Staat inszenierte sich Meinhof gemeinsam mit den anderen Angeklagten als Opfer des Systems. Der Prozess brachte nicht nur ihre radikalen Überzeugungen ans Licht, sondern offenbarte auch die Spannungen innerhalb der Gruppe. Das ARD-Dokudrama "Stammheim – Zeit des Terrors" veranschaulicht eindrucksvoll, wie sich die Dynamik der Gruppe während der Haftzeit entwickelte und wie sehr Ulrike Meinhof unter dem Gruppenzwang litt.
Die teils harsche Umgangsweise untereinander, aber auch mit Justizbeamten, wie sie taz.de in ihrer kritischen Besprechung thematisiert, zeigte, wie entgrenzt und selbstbezogen der Habitus in Haft wurde. Zeitzeugen berichten, dass Meinhof von Baader und Ensslin ausgegrenzt und gemobbt wurde – insbesondere in den Monaten vor ihrem Tod im Mai 1976, der offiziell als Suizid eingestuft wurde.
Bis heute bewegt die Figur der Ulrike Meinhof Künstler, Historiker und die breite Öffentlichkeit. Die Frage, wie weit man mit politischer Überzeugung gehen darf, bleibt aktuell. Die Schauspielerin Lilith Stangenberg, die in "Stammheim – Zeit des Terrors" Gudrun Ensslin verkörpert, spricht im Interview mit DER SPIEGEL über das Spannungsfeld zwischen Kunst und politischer Radikalität. Ebenso thematisiert sie, inwiefern Bewunderung oder Ablehnung einer solchen Terroristin gerechtfertigt sein kann.
Die RAF, und insbesondere Ulrike Meinhof, wurde in vielen Romanen, Filmen und Dokumentationen rezipiert. Die Debatten um ihre Motive, Schuld und Verantwortung dauern bis heute an.
Ulrike Meinhof bleibt eine widersprüchliche Figur der deutschen Geschichte. Ihr Wechsel von kluger Analystin und Publizistin zur radikalisierten Untergrundkämpferin fasziniert und verstört gleichermaßen. Die intensiven Diskussionen um ihre Person regen dazu an, gesellschaftliche und politische Konflikte differenziert zu betrachten. Es lohnt sich, die verschiedenen Perspektiven, Dokumentationen und Diskurse, etwa in der ARD Mediathek und bei taz.de, zu verfolgen und sich eine eigene Meinung zu bilden.
Tipp: Die aktuelle Filmbiografie und ergänzende Dokus bieten einen guten Einstieg in die Thematik und zeigen, warum das Erbe von Ulrike Meinhof komplex und umstritten bleibt.