Josef Mengele, der Name steht wie kaum ein anderer für das Grauen des Holocausts. Als Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war er berüchtigt für grausame Experimente, besonders an Zwillingen. Bis heute gibt sein Schicksal nach dem Krieg Rätsel auf. Doch neue Forschung und wiederentdeckte Polizeiakten werfen ein anderes Licht auf seine spektakuläre Flucht und das internationale Versagen bei seiner Verfolgung.
Im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau führte Josef Mengele ab 1943 "Selektionen" durch. Diese Prozeduren entschieden über Leben und Tod der Gefangenen. Er wählte aus, wer zur Arbeit eingeteilt wurde, wer medizinischen Experimenten unterzogen wurde – oder wer sofort ermordet wurde. Besonders gefürchtet waren seine menschenverachtenden Versuche an Kindern, vor allem an Zwillingen. Noch heute gilt Mengele vielen als Inbegriff des "Todesengels von Auschwitz".
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs floh Josef Mengele wie viele NS-Kriegsverbrecher zunächst nach Südamerika. Möglich wurde dies durch die sogenannte "Rattenlinie" – ein Fluchtnetzwerk, das vor allem nach Argentinien und Brasilien führte. Über lange Zeit blieb er dort unentdeckt und lebte unter seinem echten sowie später unter verschiedenen Pseudonymen.
Neue Ermittlungen zeigen, wie er dieser internationalen Strafverfolgung entkam und wer ihn dabei unterstützte. Tagesschau berichtet ausführlich über die neu entdeckten Polizeiakten, die belegen, dass Argentinien und Brasilien offenbar genaue Hinweise auf seine Aufenthaltsorte hatten.
Erst 80 Jahre nach Kriegsende tauchte eine lange verschollene Polizeiakte wieder auf. Sie liefert neue Details zu Mengeles Reisen, seiner Identität sowie den Ermittlungen der Behörden. Laut MDR und Stern, bezeugen die Dokumente, wie relativ sicher sich Mengele in Südamerika fühlte. 1959 stellte er sogar unter eigenem Namen einen Antrag auf Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Dies unterstreicht, wie schlecht abgestimmt die internationalen Bemühungen zur seiner Verfolgung waren.
Historiker wie Bogdan Musial kommen in aktuellen Dokumentationen zu dem Schluss, dass viele Staaten besser über Mengeles Aufenthaltsorte Bescheid wussten, als bisher angenommen. Die Enthüllungen werfen nicht nur Fragen zur Mitverantwortung von Ländern wie Argentinien und Brasilien auf. Sie machen auch die halbherzigen Fahndungsmaßnahmen Deutschlands deutlich. Begleitend dazu beleuchtet der MDR in einer eigenen Reportage die brisanten Details der Ermittlungen aus heutiger Sicht.
Finanziell durch seine Familie abgesichert, lebte Mengele zunächst komfortabel in Argentinien, dann in Paraguay und schließlich bis zu seinem Tod 1979 in Brasilien. Erst 1985 wurde sein Grab in São Paulo entdeckt. Die neuen und alten Akten legen nahe, dass er Teil eines Netzwerks war, das viele untergetauchte Nazis unterstützte. Während andere, wie Adolf Eichmann, in Südamerika gefasst und vor Gericht gestellt wurden, gelang es Mengele, bis zu seinem natürlichen Tod den Strafverfolgungsbehörden zu entkommen.
Die Veröffentlichung dieser Dokumente ist ein wichtiger Schritt im kollektiven Erinnern und Aufarbeiten der NS-Verbrechen. Sie macht deutlich, dass die juristische Aufarbeitung jahrzehntelang lückenhaft blieb. Es ist Aufgabe der Gesellschaft, dieses Wissen zu bewahren und aus der Geschichte zu lernen, damit sich solche Verbrechen nicht wiederholen.
Fazit:
Josef Mengele ist mehr als ein Symbol für die mechanisierte Grausamkeit der Nationalsozialisten. Die aktuellen Forschungsergebnisse und die wiederentdeckten Polizeiakten zeigen, wie komplex und vielschichtig Nachkriegsrealität und internationale Politik nach 1945 waren. Es bleibt verpflichtend, die Erinnerung wachzuhalten und historische Aufarbeitung weiter aktiv zu betreiben.